Fritz Reheis: Resonanzstrategie

Samstag 25.1.2020 – Exzerpt zum Workshop

Warum wir Nachhaltigkeit neu denken müssen – 12 Punkte zur Resonanzstrategie:

  1. Das Mantra des Fortschritts: „Schneller, höher, weiter!“
    Wir basteln an der inneren Struktur und Natur des Menschen
  2. Angetrieben durch den Wachstumszwang des Kapitals führt das Steigerungsprinzip statt zu zunehmender Rationalität zu rasch fortschreitenden Verrücktheiten und zu Zerklüftungen in dieser Welt. – Das hängt mit dem Geld zusammen: Aus Geld mehr Geld machen: Wo kann ich aus irgendwas in dieser Welt noch mehr Geld rausschlagen?
  3. Um Zusammenhänge zwischen zunächst isoliert erscheinenden Bereichen der Welt zu verstehen und letztlich zu gestalten, sollten wir uns mehr an der Zeit als Größe orientieren!
  4. Im Hinblick auf das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung taugt generelle Entschleunigung genauso wenig wie generelle Beschleunigung, vielmehr geht es um angemessene Geschwindigkeit – angemessener Umgang mit Zeit.
  5. Als Ausgangspunkt der Suche nach angemessenen Zeitmaßen sollten wir jene System- und Eigenzeiten ernst nehmen, die der Welt als Resultat der Evolution innewohnen. Die müssen wir respektieren z.B. beim Atmen. Rückgrat hat eine Eigenzeit von 20 Minuten – das ist evolutionär bedingt! Eigenzeiten sind zum großen Teil variabel, sind zyklisch, das gilt auch für die gesamte umgebende Natur: Der Mensch hat zwei Evolutionsphasen: Biologische und kulturelle.
  6. System- und Eigenzeiten haben einen zyklischen und einen linearen Aspekt, sind auf spezifische Weise synchronisiert und sorgen so zugleich für Stabilität und Wandel.
    Die Wiederkehr des Ähnlichen als Geheimnis des Lebens.
  7. Nachhaltig ist eine Entwicklung nur dann, wenn der Umgang mit der natürlichen Umwelt am Regenerationsprinzip, mit der sozialen Mitwelt am Reziprozitätsprinzip und mit der personalen Innenwelt am Reflexionsprinzip orientiert ist. Nachhaltigkeit ist immer wiederholbar (Pax). Wir müssen unser Wirtschaftssystem konsequent auf Kreislaufwirtschaft umstellen.
    Reziprozität – Wechselseitigkeit: Das Miteinander beruht auf Gegenseitigkeit; diese Beziehungen müssen, wenn sie nachhaltig sein sollen, am Prinzip der Wechselseitigkeit ausgerichtet sein: Geben und Nehmen. Auch Reziprozität der Perspektiven: in den Mokassins des anderen gehen, um ihn zu verstehen. Reflexivität jedes Menschen zu und in sich selber: Sich selber zu reflektieren.
    Unser großes Problem: „Wir sind mittlerweile so schnell mit dem Eingreifen in diese Welt, dass wir kaum mehr nachkommen mit dem Begreifen dessen, was wir da tun!“ „Derzeit organisieren wir unser eigenes Aussterben – das wird für die Welt eine große Hilfe. Dabei: nicht nur das Gehirn, sondern auch der Bauch muss mitreden können.“ (Reheis)
  8. Resonanz als Voraussetzung für die Symphonie des Lebendigen ist das letztlich unverfügbare Mitschwingen, das sich einstellt, wenn das Bemühen um Synchronisation erfolgreich ist.
  9. Bausteine einer Resonanzstrategie sind ein zeitbewusster Lebensstil, eine zeitbewusste Politik und eine zeitbewusste Wirtschaft, jeweils bezogen auf Umwelt, Mitwelt und Innenwelt.
    Zeitbewusste Spielregeln müssen von der Politik bereitgestellt werden: Gesellschaft für Zeitpolitik, die systematisch die Gestaltung von Zeit in den Fokus nimmt.
    Vision: Eine zeitbewusste Wirtschaft: Verabschiedung von der falschen Gleichung: Zeit = Geld und vom Beschleunigungszwang und Wachstumszwang. Muss das zum Fokus haben, was Wirtschaft eigentlich soll, egal, ob GWÖ oder Wirtschaftsdemokratie oder Genossenschaftsorientierte Wirtschaft oder Öffentliche Wirtschaft! Was Wirtschaft soll: Den Bedarf der Menschen stillen, die Bedürfnisse befriedigen und dabei die Fähigkeiten der Menschen nutzen. Arbeitslose, Bullshit-Jobs sind Zeichen einer unfähigen Wirtschaftsordnung.
  10. Zeitbewusste Politik würde individuelle Grundsicherung, zuverlässigen Schutz der Reproduktionssphäre garantieren; Kontingentierung des Naturverbrauchs als Obergrenze für die jetzt lebende Generation: Die klassische Definition für Nachhaltigkeit stammt aus dem Brundtland Bericht für die UN von 1987: „Nachhaltigkeit heißt, dass jede Generation ihre Bedürfnisse befriedigen kann, ohne die Möglichkeit der darauffolgenden Generationen, ihre Bedürfnisse zu befriedigen, einzuschränken.“
    Falsche Möglichkeit, den Naturverbrauch nach den finanziellen Möglichkeiten auszurichten, sondern: Ein Mensch – ein Stück Natur, d.h. im Prinzip hat jeder Mensch denselben Anspruch auf die Natur – das muss man organisieren!
  11. Die Resonanzstrategie ersetzt die Herrschaft des Kapitals, indem sie die zyklische und die lineare Dimension der Zeit zusammenführt und so zugleich für die Wiederkehr des Ähnlichen und einen sich erweiternden Freiheitsraum für den Menschen sorgt.
    Bestimmte Sachen sollen wiederkehren, aber eben auch Veränderungen! Wir können‘s nicht erzwingen, aber so gut wie möglich Bedingungen dafür schaffen.
    Daraus folgt ein anderer Wohlstandsbegriff: Maximierung wäre nicht mehr die Vermehrung der materiellen Güter, sondern der frei verfügbaren und inhaltlich bestimmbaren Zeit: Ein möglichst großer Teil des Lebens für sich selber.
  12. Resonanzstrategie ist eine zugleich konservative und revolutionäre Alternative zum ziel- und perspektivlosen „Weiter so!“ und zudem hochattraktiv, weil wir uns als Menschen nach Resonanz sehnen. Erhaltung der Lebensgrundlagen, Rechtsvorstellungen, Traditionen. Herrschaft des Geldes wird abgeschafft, wenn die Geldlogik gebrochen wird. Geld wird nicht abgeschafft, aber hat nur noch dienende Funktion

Fragen zur Weiterarbeit:

  • Wie kann Zeitwohlstand definiert werden?
  • Wie erreiche ich eine möglichst große Resonanz für den Zeitwohlstand?
  • Wie vermitteln wir Resonanzbewusstsein?
  • Wie erreichen wir den Normalbürger, die Wirtschaft und die Politik?

Ergebnisse des Workshops:

Was war uns im Workshop wichtig:

  • Strategie hat anderen Ausgangspunkt, nämlich die Probleme mit Hilfe von Märkten und Geld zu lösen: Gleichung Zeit = Geld und die gesamte Geldlogik führt uns in die Irre
  • Wir müssen einen anderen Rahmen finden: Das ist die Zeit:
    Was haben wir für Eigenzeiten und Systemzeiten in uns als Menschen, als Organismen, in der Natur. Wir müssen nach Synchronisationsverhältnissen fragen: Wir sind auf Resonanz angewiesen!
  • Resonanz auch mit unseren Mitmenschen und mit uns selbst: Wenn wir eine Entscheidung treffen, dann wollen wir darauf eine positive Resonanz haben
  • Zeit maximieren statt Kapital → Zeitwohlstand

Fragen und Impulse:

  • Wie sind Grenzen sinnvoll zu setzen?
  • Wie kann Zeit als Wohlstand definiert und umgesetzt werden?
  • „Weniger ist weniger!“ – „Genug ist besser als zu viel!“
  • Wie erreichen wir eine möglichst große Resonanz für den Zeitwohlstand?
  • Wie vermitteln wir Resonanzbewusstsein?
  • Wie erreichen wir den „Normalbürger“?

Forderung:

  • Wiederholung und Weiterentwicklung der Veranstaltung!

Was nehme ich persönlich aus diesem Kongress mit:
Resümee von Workshop-Leiter Fritz Reheis

„Die ÖDP ist mutig genug, einen Kongress zu veranstalten, der diese Themen aufnimmt und durchzieht.“